GSMA SGP.32: Ein Blick auf den neuen eSIM-IoT-Standard

Die eUICC-Technologie ermöglicht das Wechseln von SIM-Profilen ohne den Tausch der physischen SIM-Karte. Doch die bisherigen eUICC-Standards wurden den Anforderungen von IoT-Projekten nie wirklich gerecht. SGP.02 war zu komplex und zu abhängig von SMS, SGP.22 funktioniert nicht für minimalistische IoT-Geräte ohne Benutzeroberfläche. Nun ist es der GSMA mit SGP.32 gelungen, die Lücken der vorherigen Standards zu schließen.

WhereverSIM M2M-Simkarte

Was ist SGP.32? Der neue eSIM-IoT-Standard und was er verändert

Je größer und internationaler IoT-Projekte werden, desto deutlicher zeigten sich die Grenzen der bestehenden eUICC-Standards. Unabhängig davon, dass beide Standards schon zu Beginn nicht direkt für IoT-Anwendungen gedacht wurden, führten unterschiedliche technische Ansätze für M2M- und Consumer-Anwendungen bisher zu fragmentierten Lösungen, die Skalierung und Interoperabilität erschwerten. Der neue Standard SGP.32 soll nun die Grundlage für ein einheitliches, global skalierbares IoT-Ökosystem legen.

Von M2M und Consumer zu IoT: Die eUICC-Evolution

Die Entwicklung von eUICC-Standards begann bereits 2014. Als die GSMA mit SGP.02 (M2M eSIM) startete, lag der Fokus jedoch auf der Automobilindustrie. Der Grund für den Fokus auf Automotive: Die EU führte 2015 die Pflicht zum eCall-System ein, wodurch Fahrzeuge bei Unfällen automatisch Notrufe absetzen können mussten – ein Treiber für die frühe Einführung von M2M-eSIMs in der Automobilindustrie.

SGP.02 ermöglichte erstmals die Remote-Provisionierung von SIM-Profilen, war jedoch abhängig von komplexen Integrationen und mit klarer Anbieterbindung (SM-SR). Damit war der Standard nicht nur ungeeignet für schnelle und unkomplizierte Anbieterwechsel – was dem ursprünglichen Wunsch vieler IoT-Projekte widerspricht – sondern vorrangig ausgerichtet auf die Anforderungen von riesigen Automotive-Projekten mit Millionen von SIM-Karten. In der Folge waren SGP.02 Projekte komplex, langwierig, extrem kostspielig und mit einem Vendor-Lock-In in starren 10-Jahres Verträgen verhaftet.

2016 kam mit SGP.22 (Consumer eSIM) der Durchbruch im Smartphone-Segment. Einfacher, benutzerfreundlich, QR-Code-basiert. Doch IoT-Geräte sind keine Smartphones: Sie haben oft keine Bildschirme (noch dazu niemanden, der im Bedarfsfall davor sitzt, um den Wechsel manuell durchzuführen), laufen mit Minimalhardware und müssen jahrelang autonom funktionieren. Für viele IoT-Anwendungen blieb dadurch trotz zweitem Standard eine Lücke: M2M war zu starr, Consumer zu komplex. Der neue eSIM-IoT-Standard SGP.32 löst sich davon und ist zugeschnitten auf die spezifischen Anforderungen von IoT-Anwendungen.

M2M SIM-Karte - hochformat von Wherever SIM

Was macht SGP.32 anders?

Technisch basiert SGP.32 auf einer modularen Architektur, die es erlaubt, eSIM-Profile remote und unabhängig vom Endgerät zu verwalten. Dabei bestimmen nicht mehr Mobilfunkanbieter, wie Profile aufgespielt und verwaltet werden, sondern andere Marktakteure und Unternehmen erhalten deutlich mehr Mitsprache- und Gestaltungsrecht rund um das Management von IoT-Geräten. Vor allem die eigentlichen Kunden erhalten hierbei nahezu die alleinige Kontrolle des Remote SIM Provisioning.

Darüber hinaus integriert der Standard erweiterte Sicherheitsmechanismen und definiert klare Kompatibilitätsanforderungen, die eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Herstellern, Netzbetreibern und Service Providern sicherstellen. So wird aus einem bisher fragmentierten Markt ein interoperables Ökosystem, das echte Skalierung ermöglicht.

Herzstück der neuen Architektur sind die drei folgenden Komponenten:

  • eIM (eSIM IoT Remote Manager): Er übernimmt das, was früher im SM-SR verankert war, aber flexibler und ohne Lock-in. Er kann Profile herunterladen, aktivieren, deaktivieren und löschen. Der eIM ersetzt damit den User sowie den Bildschirm am Endgerät aus dem SGP.22 Standard.
  • IPA (IoT Profile Assistant): Er ist das Bindeglied zwischen eIM und eUICC und ermöglicht die standardisierte Kommunikation zwischen beiden. Dadurch können eIM und SMDP+ einfach gewechselt werden. Ob als Software direkt auf der Karte (IPAe) oder im Gerät (IPAd), er sorgt dafür, dass auch ressourcenschwache IoT-Geräte Profile managen können. 
  • SM-DP+ (Subscription Manager – Data Preparation +): Er hostet und verschlüsselt die eSIM-Profile, bevor sie auf die eUICC geladen werden. Diese Rolle ist bereits aus dem Consumer-Standard bekannt und auch im IoT-Standard weiterhin zwingend erforderlich.

Damit löst SGP.32 gleich mehrere alte Probleme:

  • Kein SMS-Zwang mehr wie bei SGP.02, wodurch es auch für NB-IoT geeignet ist, wo SMS oft nicht oder nur eingeschränkt unterstützt wird. Auch LTE-M profitiert, da Profile über standardisierte IP-basierte Verfahren provisioniert werden können, ohne SMS als Transportweg nutzen zu müssen.
  • Es existieren Push- und Pull-Modelle für Profile, was mehr Flexibilität ermöglicht.
  • Interoperabilität: Jedes Gerät kann mit jedem SM-DP+ kommunizieren. Auch ein Wechsel des eIM ist möglich.
eUICC Ready

Die Vorteile von SGP.32 für IoT-Deployments

Der neue Standard bringt eine Reihe praxisrelevanter Vorteile mit sich, die den Rollout und Betrieb von IoT-Lösungen erheblich vereinfachen:

Freie Netzauswahl

Harmonisierung von M2M- und Consumer-Ansätzen:

Unternehmen müssen sich nicht mehr zwischen zwei undurchdaten, unvollständigen und für IoT-Vorhaben eher ungeeignete Standards entscheiden. SGP.32 schafft ein einheitliches Framework, das erstmals für industrielle wie auch Consumer-nahe IoT-Szenarien funktioniert.

Freie Netzauswahl

Einfachere Skalierbarkeit globaler Rollouts:

Ob 1, 1.000 oder 1 Million vernetzter Geräte ist egal, die Provisionierung und Verwaltung von eSIM-Profilen lässt sich zentral und standardisiert durchführen, unabhängig vom Land oder Netzbetreiber.

Freie Netzauswahl

Verbesserte Interoperabilität:

Durch klar definierte Schnittstellen und Sicherheitsmechanismen sinkt die Abhängigkeit von einzelnen Anbietern. Das gibt Unternehmen mehr Flexibilität bei der Wahl ihrer Partner und Netzwerke. Während bei SGP.02 schon zu Beginn die Integration aller Netzbetreiber eingeplant werden musste – was sowohl planungstechnisch als auch kostentechnisch die Komplexität der Projekte erhöht hat –, können bei SGP.32 sukzessive und nach Bedarf weitere Netzbetreiber integriert werden.

Freie Netzauswahl

Weniger Komplexität für Anwender:

Die Verwaltung von IoT-SIMs wird weniger technisch und aufwändig, sodass auch Unternehmen ohne tiefes Telekommunikations-Know-how IoT-Deployments effizient steuern können.

In Summe bedeutet das:

Mit SGP.32 rückt die Vision eines wirklich global skalierbaren IoT-Ökosystems deutlich näher. Besonders relevant sind dabei zwei Aspekte. Zum einen verlangen manche Länder aus regulatorischen Gründen die Nutzung lokaler SIM-Profile – mit SGP.32 lassen sich solche lokalen Profile problemlos per Fernzugriff bereitstellen, ohne dass Geräte physisch angepasst werden müssen. Zum anderen beseitigt der Standard das bisherige Lock-in bei IoT-SIM-Providern. Ein Anbieterwechsel war bislang praktisch unmöglich, da Geräte weltweit verteilt und oft schwer zugänglich sind. Mit SGP.32 können Unternehmen flexibel auf neue Provider oder veränderte Rahmenbedingungen reagieren, ohne ihre IoT-Flotten vor Ort anfassen zu müssen.

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eUICC im Praxiseinsatz

Stellen wir uns vor, ein Energieversorger rollt Millionen Smart Meter in verschiedenen Ländern aus. Wird ein SIM-Anbieterwechsel nötig, müsste mit klassischen SIMs jede Karte physisch getauscht werden. Ein logistischer Albtraum. Mit SGP.32 lassen sich die SIM-Profile per Fernzugriff aktualisieren, im Zweifel für tausende Geräte gleichzeitig. Das spart nicht nur Zeit und Kosten, sondern macht es überhaupt erst möglich, global flexibel zu bleiben.

Damit wird deutlich: SGP.32 ist kein Nischenstandard, sondern ein entscheidender Treiber für nahezu alle IoT-Segmente mit hohen Skalierungsanforderungen. Dieser Standard wird sich im IoT-Umfeld durchsetzen – weil er technische Hürden beseitigt, Interoperabilität schafft und Unternehmen die nötige Flexibilität für internationale Rollouts gibt.

Auswirkungen auf den Telko- und IoT-Markt

Die Einführung von SGP.32 verändert nicht nur die technische Basis, sondern verschiebt auch die Rollen und das Machtgefüge im IoT-Ökosystem:

- Mobilfunknetzbetreiber (MNOs) müssen ihre bisherigen, oft proprietären Provisioning-Lösungen anpassen und stärker auf offene Schnittstellen setzen. Das kann kurzfristig Investitionen erfordern, eröffnet aber auch neue Geschäftsfelder, etwa durch global skalierbare IoT-Services.

- Virtuelle Netzbetreiber (MVNOs) und Connectivity Provider erhalten über den neuen Standard die Chance, flexiblere und interoperable Angebote zu entwickeln. Unternehmen können einfacher zwischen Providern wechseln oder mehrere Anbieter parallel nutzen, was den Wettbewerb intensivieren dürfte. Besonders profitieren werden davon technologisch führende Connectivity Provider mit eigener Plattform-Entwicklung. Durch kontinuierliche Weiterentwicklungen sind sie oft den starren, schwerfälligen Plattformen klassischer MNOs überlegen. In einem Umfeld, in dem ein Anbieterwechsel dank SGP.32 so einfach wie nie zuvor möglich sein wird, werden sich langfristig die besseren Produkte und Services durchsetzen. Kurzum: SGP.32 bietet für MVNOs und Connectivity Provider weniger Lock-in, mehr Wettbewerb und neue Geschäftsmodelle.

- Unternehmen als Anwender sind wohl die größten Gewinner durch die Einführung von SGP.32. Sie erlangen nicht nur deutlich an Kontrolle, sondern können von Beginn ihrer Projekte an auf einen Standard setzen, der weltweite Skalierung und langfristige Betriebskostenoptimierung ermöglicht. Gerade Projekte mit hohen Datenverbräuchen dürften sehr wahrscheinlich von geringeren Betriebskosten profitieren, da Provisioning und Management zentralisiert und standardisiert erfolgen. Zudem steigt ihre Flexibilität bei der Wahl von Partnern, Netzwerken und Geräte.

Durch den erwarteten Anstieg an Wettbewerb müssen Anbieter stärker durch Service-Qualität und Flexibilität überzeugen, während Unternehmen deutlich mehr Kontrolle über ihre IoT-Konnektivität erhalten.

eUICC im Einsatz in der Energietechnik Windpark

Schwachstellen von SGP.32: Jung & im Aufbau

So vielversprechend SGP.32 ist, der Standard hat aktuell noch Grenzen. Erst seit Anfang 2025 sind die vollständigen Testspezifikationen verfügbar, wodurch es an Felderfahrung fehlt. Anbieter und Unternehmen stehen daher noch am Anfang, eIM und IPA sauber in ihre Plattformen zu integrieren. Gerade weil der Standard noch jung ist, lohnt es sich für Unternehmen, eng mit Partnern zusammenzuarbeiten, die bereits erste Praxiserfahrung gesammelt haben. Auch sind eUICCs und die notwendige Infrastruktur teurer als klassische IoT-SIM-Lösungen – ein Aspekt, der vor allem bei Projekten mit niedrigerem Datenvolumen ins Gewicht fallen dürfte.

Ein weiterer wichtiger Punkt: SGP.32 ist nicht rückwärtskompatibel. Bestehende Flotten auf Basis von SGP.02 oder SGP.22 lassen sich nicht einfach migrieren, sondern müssen langfristig ersetzt werden. Zudem bleibt auch mit SGP.32 das Risiko kommerzieller Lock-ins bestehen. Grundsätzlich ist der Standard zwar technisch offener gehalten, dennoch können Anbieter über Geschäftsmodelle oder proprietäre Plattformfunktionen Abhängigkeiten auf Anwenderseite schaffen.

Trotz aller Einschränkungen gilt SGP.32 als der erste Standard, der die Realität von IoT-Deployments ernsthaft adressiert und die größten Hindernisse seiner Vorgänger überwindet. Nach den ersten, in der Praxis oft schwer nutzbaren Standards (SGP.02 und SGP.22) steht mit SGP.32 nun ein wirklich gelungener Standard zur Verfügung. Er schafft die Grundlage dafür, dass IoT-Konnektivität einfacher und flexibler nutzbar wird – und genau das spielt den starken IoT-Anbietern in die Karten. Denn wer leistungsfähige, moderne Lösungen bietet, kann sich in einem Markt ohne technisches Lock-in noch deutlicher durchsetzen. Damit entwickelt sich IoT-Konnektivität konsequent in Richtung CaaS – Connectivity as a Service: standardisiert, austauschbar und dennoch mit klaren Vorteilen für Anbieter, die in Technologie und Servicequalität führend sind.

Ausblick: So kann es mit und nach SGP.32 weitergehen

Mit SGP.32 ist ein entscheidender Schritt hin zu einem vereinheitlichten, globalen IoT-Standard gelungen. Dennoch steht die Entwicklung nicht still. Künftige Erweiterungen könnten sich auf noch stärkere Automatisierung der Provisioning-Prozesse, verbesserte Sicherheits-Frameworks und die Integration von Non-Cellular IoT-Technologien (z. B. Satellitenkonnektivität oder LPWAN) konzentrieren.

Langfristig dürfte der Standard die Grundlage für ein vollständig interoperables IoT-Ökosystem schaffen, etwa vergleichbar mit den heutigen Standards im Internet. Für Unternehmen bedeutet das nachhaltigere Investitionen in IoT-Infrastrukturen, da Geräte, Plattformen und Netzwerke über Jahre hinweg kompatibel bleiben. Wer heute also IoT-Projekte mit eUICC Ansatz plant, sollte ausschließlich auf SGP.32 setzen – ältere Standards sind faktisch Auslaufmodelle.

Für Anbieter wird die Herausforderung darin bestehen, Mehrwertdienste wie Monitoring, Security-as-a-Service oder intelligente Plattformlösungen zu entwickeln, um sich im stärker standardisierten Markt zu differenzieren.

Datum:
06.10.2025
Zuletzt aktualisiert:
06.10.2025
Tim Müller ist Gründer und Geschäftsführer der wherever SIM GmbH und jemand, der Technik nicht nur versteht, sondern auch erfolgreich macht. Was als kleines Zwei-Personen-Team begann, zählt heute zu den größten europäischen Anbietern für M2M-Konnektivität über Multi-Netz SIM-Karten. Tim bringt über 20 Jahre Erfahrung im Mobilfunk- und M2M-Bereich mit und gilt als Experte für IoT-Konnektivität und SIM-basierte Kommunikationslösungen. Mit seinem Gespür für Infrastruktur, KI und skalierbare Technologien begleitet er Unternehmen bei der verlässlichen und zukunftssicheren Umsetzung ihrer IoT-Projekte.

FAQ - Häufig gestellte Fragen